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Wissenschaftler:innen von LOEWE-TBG entwickeln einen neuen Ansatz zur Wirkstoff-Forschung, der Einblick in die Wirkung von Tiergiften gibt

© Andreas Vilcinskas

Frankfurt, 16.02.2022. Tiergifte bilden eine wertvolle Quelle bei der Entdeckung neuer Arzneistoffe. Aufschlussreich sind dabei vor allem ihre besondere Wirkungsweise auf den Organismus und ihre komplexe Zusammensetzung. Wie genau sie jedoch wirken, ist immer noch weitgehend unbekannt. Wissenschaftler:innen des LOEWE-Zentrums für Translationale Biodiversitätsgenomik (TBG) waren jetzt an der Entwicklung eines neuen Ansatzes zur Wirkstoff-Forschung beteiligt, um so ein umfassendes Bild zu erhalten, wie Gifte biologische Systeme beeinflussen.

Der Ansatz der „Netzwerkpharmakologie“, den die Wissenschaftler:innen verfolgen, hat das Ziel, durch die Zusammenführung verschiedener Analysemethoden eine ganzheitliche Aussage über biologische Reaktionen auf bestimmte Wirkstoffe aus Tiergiften zu treffen.

Am Beispiel des Stachelrochens, an dessen Schwanz sich ein giftiger Stachel mit Widerhaken befindet, nahmen die Forscher:innen eine Genom-Analyse des Gifts vor und verglichen diese mit physiologischen Daten der Tiere. Hierzu wurden mehrere Süßwasser- und Salzwasserarten untersucht. Die kombinierte Analyse der unterschiedlichen Giftproben ermöglichte es erstmals, eine Aussage über den Wirkmechanismus der Giftkomponenten und den zeitlichen Ablauf der Vergiftung zu treffen. Darüber hinaus könnten die Ergebnisse auf alle Stachelrochen-Arten sowie auf alle weiteren bekannten Giftfische übertragen werden, von denen insgesamt 2.900 bekannte Arten existieren, vermuten die Wissenschaftler:innen.

„ [ …] Für uns bietet er [der Ansatz der Netzwerkpharmakologie] eine aussichtsreiche Methode, der schwierig zu analysierenden Wirkung von Tiergiften auf die Spur zu kommen. Wir sehen hier zahlreiche Einsatzfelder, denn neue Studien zeigen, dass Krankheiten häufig nur durch sogenannte Medikamentencocktails – also eine Kombination verschiedener Wirkstoffe – gut behandelt werden können“, so Studienleiter Prof. Dr. Andreas Vilcinskas vom LOEWE-Zentrum für Translationale Biodiversitätsgenomik, der Justus-Liebig-Universität Gießen und Leiter des Institutsteils Bioressourcen am Fraunhofer-Institut für Molekularbiologie und Angewandte Oekologie IME in Gießen.

Im nächsten Schritt wollen die Forscher:innen die im Rochengift analysierten Proteine künstlich herstellen, um weitere Wirkungsweisen im Organismus zu untersuchen.