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Forschungsgruppe um den Lungenmediziner und Sprecher von LOEWE-Diffusible Signals, Prof. Bernd Schmeck findet ein bisher unbekanntes Signal der Atemwege, das Pneumokokken am Wachsen hindert

Lungenentzündung steht im Fokus der wissenschaftlichen Arbeit des Teams um (von rechts) Professor Dr. Bernd Schmeck und seinen Mitarbeiter Dr. Björn Klabunde.
© Dr. Wilhelm Bertrams
Lungenentzündung steht im Fokus der wissenschaftlichen Arbeit des Teams um (von rechts) Professor Dr. Bernd Schmeck und seinen Mitarbeiter Dr. Björn Klabunde.

Pneumokokken-Bakterien wachsen schlechter, wenn sie dem Stoffwechselmolekül NAD+ ausgesetzt sind. Das hat eine Forschungsgruppe um den Marburger Lungenmediziner Professor Dr. Bernd Schmeck herausgefunden, als sie untersuchte, wie die Atemwege auf eine Infektion mit Pneumokokken reagieren, dem wichtigsten Erreger der Lungenentzündung. Die beteiligten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Philipps-Universität Marburg und des Deutschen Zentrums für Lungenforschung berichten im Wissenschaftsmagazin „Nature Communications“ über ihre Ergebnisse.

Lungenentzündung, immer noch eine der häufigsten Todesursachen weltweit, geht oftmals auf eine Ansteckung mit dem Bakterium Streptococcus pneumoniae zurück. „Die Oberfläche der Atemwege bildet die erste Verteidigungslinie gegen Infektionen“, so Prof. Bernd Schmeck von der Philipps-Universität Marburg, der die Forschungsarbeit leitete. „Sie bildet Schleim, um Bakterien einzuschließen, und sondert Stoffe ab, die Immunzellen anlocken oder die Bakterien direkt abtöten.“ Doch wie genau die Atemwegszellen die Pneumokokken bekämpfen, „darüber wissen wir noch viel zu wenig“, erklärt er.

Der Prof. Schmeck brachte Fachleute des Marburger Zentrums für Synthetische Mikrobiologie und des Deutschen Zentrums für Lungenforschung zusammen, um genau unter die Lupe zu nehmen, wie die Atemwege auf eine Pneumokokken-Infektion reagieren. Das Team untersuchte, welche Änderungen im Zellstoffwechsel auf RNA- und Proteinebene genau stattfinden, wenn Pneumokokken die Atemwege befallen. Dabei fiel vor allem das Molekül NAD+ auf, das die Aktivität einer Vielzahl von Enzymen unterstützt. „Um die funktionelle Bedeutung von NAD+ zu erforschen, haben wir die verschiedenen Enzyme seines Stoffwechsels näher untersucht, insbesondere die Auswirkungen auf eine Pneumokokken-Infektion“, berichtet Erstautor Dr. Björn Klabunde, der seine Doktorarbeit in Schmecks Labor anfertigte.  „Wir fanden heraus, dass eine Infektion zu einem fehlgesteuerten NAD+-Stoffwechsel führt.“

Die Resultate der Forschungsgruppe erlauben neue Einblicke in den Infektionsprozess: „Die Infektion mit Streptococcus pneumoniae führt zu einer reduzierten NAD+-Produktion in den Atemwegszellen, was wiederum zu einer stärkeren Vermehrung der Bakterien führt“, sagt Schmeck. „Verabreicht man hingegen NAD+, so bremst dies die Bakterien aus.“

Auch eine bakterielle Gegenwehr identifizierte das Team – diese beruht auf der Produktion eines anderen Signals, nämlich ATP: „Verstärken die Erreger ihren ATP-Stoffwechsel, so wirkt dies der antibakteriellen Wirkung von NAD+ entgegen“, erläutert Klabunde. „Unsere Ergebnisse legen erstmals nahe, dass die NAD+-Enzymkaskade als antibakterieller Mechanismus gegen Streptococcus pneumoniae wirkt“, fasst Schmeck zusammen.

Neben Schmecks Arbeitsgruppe beteiligten sich zahlreiche Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Philipps-Universität Marburg und des benachbarten Max-Planck-Instituts für terrestrische Mikrobiologie sowie aus Universitäten und Forschungseinrichtungen in Greifswald, Gießen, Maastricht und Borstel an der wissenschaftlichen Studie. Das Bundesforschungsministerium, die Deutsche Forschungsgemeinschaft, die Von-Behring-Röntgen-Stiftung sowie das Hessische Wissenschaftsministerium beteiligten sich an der Finanzierung der Forschungsarbeit.

Originalveröffentlichung: Björn Klabunde & al.: NAD+ metabolism is a key modulator of bacterial respiratory epithelial infections, Nature Communications 2023, DOI: https://www.nature.com/articles/s41467-023-41372-w