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LOEWE-Vorhaben

AmbiProbe Massenspektrometrische in-situ-Analyse für Gesundheit, Umwelt, Klima und Sicherheit

Wenn das Gewicht eines Moleküls bekannt ist, lässt sich der chemische Stoff bestimmen. Massen- spektrometer „wiegen“ Moleküle und können somit Stoffe analysieren. Bislang sind die Geräte dafür jedoch sehr groß und aufwändig. Im Rahmen von AmbiProbe wird die Massenspektrometrie so weiterentwickelt, dass sie mobil einsetzbar ist: Zum Beispiel an Flughäfen, um Gefahrenstoffe aufzuspüren. In der Landwirtschaft, um den Pilzbefall einzelner Körner zu erkennen. Und im OP, um schon während des Eingriffs Tumore zu identifizieren.

Massenspektrometrie im Kleinformat?

Ein Massenspektrometer bestimmt das Gewicht von Molekülen, indem es das Verhältnis von Masse zu elektrischer Ladung erfasst. Dazu müssen die zu analysierenden Moleküle unter Energieaufwand in die Gasphase überführt, mit einer elektrischen Ladung versehen und über ein elektrisches Feld beschleunigt werden. Jeder chemische Stoff entwickelt dabei ein charakteristisches Verhalten. Je nach Einsatzbereich werden verschiedene Technologien eingesetzt, um daraus das Gewicht abzu- leiten.

Massenspektrometrie gibt es seit rund 110 Jahren. Seit etwa 20 Jahren ist es möglich, damit auch biologische Substanzen, die sich aus relativ großen Molekülen zusammensetzen, zu analysieren. Bislang sind Massenspektrometer große, teils raumfüllende Geräte. Um sie mobil einsetzen zu können, müssen sie deutlich kleiner und handlicher werden, gleichzeitig leistungsfähiger und genauer. Dafür ist die Entwicklung neuer Technologien erforderlich.

Mobile Massenspektrometer könnten „in Echtzeit“ Ergebnisse liefern: Zeitaufwändige Proben- entnahme und Laboruntersuchungen entfallen. Die möglichen Anwendungen sind vielfältig, und die ersten Prototypen sind bereits im Einsatz.

Beispiel Sicherheit: Explosivstoffe schnell und zuverlässig aufspüren

Längst nicht alle Explosivstoffe lassen sich mit den üblichen Detektoren entdecken. Die Stoffe hinterlassen jedoch winzige Spuren in der sie umgebenden Luft. Massenspektrometer können diese Spuren nachweisen und sicher zuordnen. Mobile Geräte können so zum Beispiel an Flughäfen die Sicherheit erhöhen.

Beispiel Umwelt: Umweltgefahren einschätzen

Wie vorgehen bei Altlasten im Boden? Üblicherweise werden von altlastverdächtigen Flächen invasiv Proben entnommen, die dann mit einem aufwändigen Prozedere im Labor analysiert werden. Mobile Massenspektrometer hingegen könnten vor Ort sehr genau Auskunft darüber geben, womit und in welchem Maße der Boden verseucht ist. Eine Sanierung kann schneller beginnen und ziel- genauer erfolgen:

Mit der Elektroantennografie, verbunden mit der in-situ-Massenspektrometrie, könnten die 'Hot Spots' im Gelände unmittelbar erkannt, das Stoffspektrum der jeweiligen Belastungssituation eingegrenzt und die tatsächlichen, punktuellen Belastungen sicherer gefunden werden. 

Ein weiteres Beispiel ist die Kontamination von Milch und Milchprodukten mit der Industrie-chemikalie Melamin im Bereich der Lebensmittelsicherheit. Insbesondere die Gesundheit sehr junger Menschen (Kleinkinder und Säuglinge) ist beim Konsum kontaminierter Produkte gefährdet. 

Eine zügige und eindeutige Analyse dieser Erzeugnisse, vor Ort und bereits vor dem Eintritt in den Handel, ist im Sinne des Gesundheits- und Verbraucherschutzes dringend erforderlich. Die in-situ-Massenspektrometrie kann hier einen entscheidenden Technologieschub liefern.

Beispiel Gesundheit:

Schimmelpilze frühzeitig identifizieren bevor die gesamte Ernte verdorben ist oder die Lagerräume verseucht sind: Mykotoxine – Gifte von Schimmelpilzen – sind bereits in geringsten Konzentrationen äußerst bedenklich. Sie kommen sowohl in Lebensmitteln als auch schimmelbefallenen Wohnungen vor. Massenspektrometer könnten schon im Ernteprozess auf die Gefahren hinweisen. In belasteten Wohnräumen könnten mit ihrer Hilfe die Quellen von Mykotoxin-Belastungen identifiziert werden.

Im Bereich Gesundheit wurde im Rahmen von AmbiProbe ein analytisches Skalpell weiterentwickelt, das gesundes von krankem Gewebe unterscheiden kann. Dieses Elektroskalpell analysiert und identifiziert das geschnittene Gewebe über die Gase, die beim Schneiden freigesetzt werden. Auf diese Weise zeigt es dem Chirurgen direkt an, ob er in krankem oder gesundem Gewebe schneidet. Bei herkömmlichen Methoden ist diese Unterscheidung während der Operation oft schwierig.

Bei dem „intelligenten“ Skalpell wird das Gewebe beim Schneiden durch elektrischen Strom zersetzt und teilweise verdampft. Dieses Aerosol wird in ein Massenspektrometer gesaugt und in Sekunden-schnelle analysiert. Verschiedene Gewebetypen erzeugen im Massenspektrometer ein charakterist-isches Profil, über das sie sich identifizieren lassen. Über diesen „chemischen Fingerabdruck“ kann man gesundes Gewebe von Tumorgewebe unterscheiden.

Beispiel Klima:

Klimatische Veränderungen gehören zu den grundlegendsten Einflussfaktoren des Lebens. Aerosole, also luftgetragene Partikelpopulationen haben eine erhebliche Auswirkung auf globale Klimaent- wicklungen, sind aber bislang in nur unbefriedigendem Maße charakterisiert und verstanden. Sie unterliegen massiven chemischen und physikalischen Veränderungen in der Atmosphäre und sind aufgrund ihrer komplexen Struktur nur schwer in theoretischen Klima-Simulationsmodellen abbildbar. 

Die einzelpartikelaufgelöste in-situ-Messung von Aerosolen stellt einen einzigartigen Weg dar, über die dazu parallele Verfolgung mikroklimatischer Reaktionen die vielfältigen Mechanismen der Aerosol-Klima-Wechselwirkung zu verstehen. Die methodisch-instrumentellen Entwicklungen des Schwerpunktes werden hier neue Möglichkeiten der Echtzeit- Analyse von Klimaprozessen liefern. Mobilität und Miniaturisierung der Geräte sind dabei zwingend erforderlich, um Messungen vor Ort, beispielsweise in der oberen Atmosphäre (im Hochgebirge oder in Forschungsflugzeugen) durch-führen zu können.




LOEWE-Schwerpunkt

Partner

  • Justus-Liebig-Universität Gießen
  • Goethe-Universität Frankfurt am Main
  • Deutsches Krebsforschungszentrum Heidelberg
  • GSI Helmholtzzentrum für Schwerionenforschung, Darmstadt

Fachrichtungen

  • Chemie
  • Physik
  • Ingenieurwissenschaften
  • Biologie

Förderzeitraum

2010 bis 2013

Sprecher

  • Prof. Dr. Bernhard Spengler,

    Justus-Liebig-Universität Gießen

Standorte

  • Frankfurt am Main
  • Gießen

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