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Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler von LOEWE-TBG entschlüsseln Gift heimischer Ameisen die als mögliche Ausgangsstoffe zur Entwicklung von Bioinsektiziden nützlich sein könnten

Bislang wurden vor allem Gifte tropischer Arten – wie dieser Grünkopfameise (Rhytidoponera metallica) – untersucht
© Louis Roth
Bislang wurden vor allem Gifte tropischer Arten – wie dieser Grünkopfameise (Rhytidoponera metallica) – untersucht

Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern des Zentrums für Translationale Biodiversitätsgenomik gelang es erstmals, den Giftcocktail zweier heimischer Knotenameisenarten zu entschlüsseln.

Ameisen kommen weltweit mit etwa 14.000 Arten vor und sind insbesondere dafür bekannt, Staaten zu bilden. Eine wesentliche Fähigkeit, die ihnen diese Lebensweise ermöglicht, war die Evolution von chemischen „Verteidigungswaffen“, um so ihre Kolonien gegen Räuber zu verteidigen. Während einige Arten Säure versprühen, entwickelten die meisten anderen Ameisenarten stattdessen einen Giftstachel, mit dem sie stark wirksame Toxine injizieren. Einige der großen tropischen Ameisen wie etwa die australische Bulldoggen-Ameise Myrmecia gullosa sind bekannt für ihre extrem schmerzhaften Stiche. Da sich die Forschung bislang auf Gifte exotischer Ameisenarten konzentriert hat, sind die der etwa 100 in Deutschland lebenden Ameisenarten nahezu unerforscht.

Den Giftcocktail der heimischen Knotenameisenarten (Myrmica rubra und Myrmica ruginodis) entschlüsselten die Forscher:innen nun mittels systembiologischer Methoden und identifizierten dabei potenziell wertvolle Biomoleküle. „Die Gifte der Knotenameisen enthalten so genannte EGF-Toxine, welche zuvor in hochgiftigen Bulldoggen-Ameisen identifiziert worden sind. In diesen sind sie für die starken Schmerzen nach einem Stich verantwortlich. Die EGF-Toxine der Knotenameisen unterscheiden sich jedoch strukturell von denen der Bulldoggen-Ameisen und wir vermuten, dass sie in erster Linie auf andere Insekten abzielen. Dies macht sie zu möglichen Ausgangsstoffen für die Entwicklung von Bioinsektiziden“, erklärt Dr. Tim Lüddecke, Nachwuchsgruppenleiter der Arbeitsgruppe „Animal Venomics“ am Fraunhofer IME und Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Insektenbiotechnologie der JLU Gießen.

„Neben diesen EGF-Toxinen ist das Gift der Knotenameisen reich an Enzymen, wie Proteasen oder Phospholipasen und es ist denkbar, dass einige davon für die industrielle Güterproduktion interessant sein könnten“, ergänzt Lüddecke.  Der JLU-Insektenbiotechnologe Prof. Dr. Andreas Vilcinskas fügt hinzu: „Insekten sind die erfolgreichste Gruppe des Tierreichs und in vielen Arten, auch hierzulande, spielen Gifte eine entscheidende Rolle für ihren evolutionären Erfolg. Wir haben gerade erst angefangen die Gifte von Ameisen und anderen Insekten zu erforschen, aber es zeigt sich bereits jetzt, dass wir hier auf eine biochemische Schatztruhe gestoßen sind. Wir werden zukünftig weitere Arten untersuchen und so der Gemeinschaft wertvolle Bioressourcen zur Verfügung stellen.“

Über ihre Ergebnisse berichten sie in der Fachzeitschrift „Toxins“. Bislang hatte sich die Tiergiftforschung vor allem auf exotische Ameisenarten aus den Tropen konzentriert.