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Tierische Seidenvielfalt – Forschende von LOEWE-TBG untersuchen Genom zur Seidenproduktion und entdecken individuelle Strukturen bei Spinnen und Insekten

Spinnen wie Argiope argentata, eine in den amerikanischen Tropen und Subtropen beheimatete Radnetzspinne, und Insekten entwickelten während der Evolution unabhängig voneinander die Fähigkeit, Seide herzustellen.
© Wikimedia Commons, Lina Louvem, Lizenz CC BY-SA 4.0
Spinnen wie Argiope argentata, eine in den amerikanischen Tropen und Subtropen beheimatete Radnetzspinne, und Insekten entwickelten während der Evolution unabhängig voneinander die Fähigkeit, Seide herzustellen.

Während Seide für Menschen eine hochwertige Naturfaser für Textilien ist, benötigen Lebewesen wie Schmetterlinge, Spinnen oder Fliegen diese als Grundlage zum Überleben. Sie dient als Kokon, Nest oder auch zum Beutefang und weist dabei unterschiedliche Beschaffenheiten auf. Sie besteht aus Proteinen und kann eine ganz feine Faser oder auch eine elastische und klebrige Flüssigkeit sein. Wo genau im Erbgut der Tiere die Fähigkeit verankert ist, unterschiedliche Beschaffenheiten von Seide zu bilden, und wie sich diese im Detail im Laufe der Evolution entwickelt hat, ist bisher kaum erforscht. Daher haben internationale Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler unter Beteiligung des LOEWE-Zentrums für Translationale Biodiversitätsgenomik (TBG) und des Senckenberg Forschungsinstituts und Naturmuseums Frankfurt die Genome fünf verschiedener Lebewesen sequenziert und hinsichtlich des Seidengens analysiert. Die dazugehörige Studie wurde im Fachjournal „Proceedings of the National Academy of Sciences“ (PNAS) veröffentlicht.

Für den Vergleich der Genome wählten die Forschenden fünf Arten aus der Gruppe der Gliederfüßer aus: einen Schmetterling (Vanessa cardui), drei Köcherfliegen-Arten (Arctopsyche grandis, Atopsyche davidsoni, Hesperophylax magnus) mit unterschiedlicher Seidennutzung und eine Spinne (Argiope argentata). Die Gene, die die Herstellung von Seide ermöglichen, sind besonders lang und nach den Erkenntnissen auch sehr vielfältig, was die Variationen in der Beschaffenheit erklärt. Darüber hinaus haben die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler auch die evolutionäre Entwicklung der Seidenproduktion in den Blick genommen. „Es ist bereits bekannt, dass die Fähigkeit, Seide herzustellen, mehrfach unabhängig während der Evolution von Insekten und anderen Gliederfüßern entstanden ist. Wir haben darüber hinaus entdeckt, dass die Variationen, die wir bei den Seidengen-Allelen beobachten, auffallend übereinstimmend sind zwischen zwei Gruppen von Gliederfüßern, die sich seit mehr als 500 Millionen Jahren unabhängig voneinander entwickelt haben: Spinnen und Insekten. Dies könnte darauf hindeuten, dass es trotz unabhängiger evolutionärer Entwicklungen gemeinsame Mechanismen für die Entstehung und Erhaltung derjenigen Gene gibt, die Proteine wie Seide verantworten“, führt Insekten-Experte Steffen Pauls aus, Professor für Allgemeine Entomologie an der Justus-Liebig[1]Universität Gießen (JLU) sowie Forscher bei Senckenberg und am LOEWE-Zentrum TBG, das er sechs Jahre lang als Co-Sprecher führte.