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LOEWE-Nukleare Photonik – Mit Laser erzeugte Neutronen einsetzbar zur Prüfung von zerstörungsfreier Materie - Laser ersetzt erstmals Teilchenbeschleuniger

© Markus Roth

Ein Team des LOEWE-Schwerpunkts Nukleare Photonik unter Leitung der TU Darmstadt zeigt, dass Neutronen, die kompakt mit Lasern erzeugt werden, in der zerstörungsfreien Materialprüfung zum Einsatz kommen können. Als elektrisch neutrale Teilchen durchdringen Neutronen Materie relativ leicht. Daraus ergeben sich vielfältige industrielle Anwendungsmöglichkeiten wie etwa die Prüfung von Behältern mit radioaktivem Abfall. Die Ergebnisse wurden im renommierten Magazin „Nature Communications“ veröffentlicht. 

Bislang wird in der Wissenschaft zur Prüfung des Inhalts von Objekten Röntgenstrahlung eingesetzt. Leichte Elemente wie Wasserstoff oder organische Substanzen lassen sich so aber nur schwer erkennen und unterscheiden, besonders, wenn sie sich hinter schwereren, abschirmenden Elementen befinden. Neutronen sind auf diese Materialen besonders sensitiv und Abschirmungen wie Blei durchdringen sie mühelos. Dazu kommt die einzigartige Fähigkeit, dass mit Hilfe von Neutronen verschiedene Isotope unterschieden werden können, was es ermöglicht, die räumliche Verteilung von Isotopen innerhalb eines Objekts eindeutig zu bestimmen. „Beschießt“ man also ein Untersuchungsobjekt mit Neutronen, lässt sich aus der Isotopenverteilung auf seinen Inhalt schließen.

Dies ist vor allem für den Rückbau kerntechnischer Anlagen von hoher Bedeutung. Bevor die in Zwischenlagern untergebrachten Behälter mit radioaktivem Abfall in Endlager gebracht werden können, müssen deren Inhalte eindeutig identifiziert werden. Dies erweist sich mit klassischer Röntgentechnik als schwierig, da die Behälter oftmals so konzipiert sind, dass sie für diese Art der Strahlung möglichst undurchsichtig sind.

Die Neutronenstrahlen werden üblicherweise an großen Teilchenbeschleunigeranlagen erzeugt, deren Bau und Betrieb äußerst kostenintensiv sind. Erschwerend kommt hinzu, dass die zu untersuchenden Objekte nicht zu den wenigen existierenden Großanlagen transportiert werden können. Diese Technik ist damit einem Großteil der Industrie nicht zugänglich.

Forschende des LOEWE-Schwerpunkts Nukleare Photonik unter der Leitung von Dr. Marc Zimmer und Professor Markus Roth vom Institut für Kernphysik an der TU Darmstadt haben die konventionellen Beschleuniger durch einen hoch intensiven Laser ersetzt und damit Neutronen erzeugt. Dadurch wurde die Strecke von typischerweise hunderten von Metern, die zur Beschleunigung und die Vermessung der Proben notwendig ist, auf unter zwei Meter reduziert. Möglich wurde das zum einen durch die Verwendung von ultra-kurzpuls-Lasern, basierend auf der „Chirped-Pulse-Amplification“-Methode, für die 2018 der Nobelpreis vergeben wurde. Zum anderen wurden für die Untersuchungen am GSI Helmholtzzentrum für Schwerionenforschung in Darmstadt die Bedingungen so weit optimiert, dass gleich mehrere industriell relevante Anwendungen demonstriert werden konnten.

Im Experiment konnte gezeigt werden, dass eine derartige kompakte lasergetriebene Neutronenquelle dafür genutzt werden kann, zerstörungsfrei verschiedene Isotope in Werkstücken zu identifizieren und sogar räumlich „sichtbar“ zu machen. In einem der Werkstücke konnte zudem eine vorher unbekannte Verunreinigung nachgewiesen werden. Neben dem Einsatz für radioaktive Abfälle sind mit der Neutronenquelle auch andere Anwendungen vorstellbar, etwa die zerstörungsfreie Untersuchung von archäologischen Fundstücken oder das Sichtbarmachen des Treibstoffflusses innerhalb eines Motors im laufenden Betrieb.