Übersicht

Nachrichten

Forschungsteam von LOEWE-TBG findet in Zusammenarbeit mit Dresdner Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern bisher unbekannte Gene, die für das Sehvermögen verantwortlich sind

Hat das für die Sehkraft wichtige Gen SERPINE3 verloren: der fast blinde Nacktmull, der in großen unterirdischen Bauten in den Halbwüsten Ostafrikas lebt.
© Josh More (flickr, Naked Mole Rat_15, CC BY-NC-ND 2.0)
Hat das für die Sehkraft wichtige Gen SERPINE3 verloren: der fast blinde Nacktmull, der in großen unterirdischen Bauten in den Halbwüsten Ostafrikas lebt.

Zahlreiche Menschen leiden auch heute noch unter Augenkrankheiten, die im schlimmsten Fall zur Erblindung führen können und deren Ursachen von bisher immer noch unbekannten Genen beeinflusst werden. Ein Team aus Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern von LOEWE-TBG, des Dresdner Max-Planck-Instituts für molekulare Zellbiologie und Genetik sowie der TU Dresden hat jetzt umfassende Genomanalysen durchgeführt, bei denen sie auf 15 bisher unbekannte „Augen-Gene“ gestoßen ist und 14 weitere Gene bestätigen konnte, die für das Sehvermögen wichtig sind. Die Studie ist wegweisend, da sie Genomanalysen nutzt, um Funktionen von Genen vorherzusagen und damit eine Grundlage für die weitere Erforschung des Sehens bildet.

Ein vermindertes Sehvermögen beeinträchtigt Menschen in ihrem Alltag und ihrer Lebensqualität oft stark. Im Gegensatz dazu ist für manche Tiere ein „klarer“ Blick nicht notwendig und hat sich im Laufe der Evolution nicht weiter ausgebildet oder sogar zurückgebildet. Zu den bekanntesten Säugetieren mit geringem Sehvermögen zählen die Große Braune Fledermaus, bei den Nagetieren die Blindmäuse und der Nacktmull. Mit ihnen nah verwandte Tierarten hingegen können ausgezeichnet sehen: Flughunde, die keine Echoortung nutzen, und Nagetiere wie Ratten und Meerschweine. Hier setzt die im Fachjournal „eLife“ veröffentlichte Studie des Forschungsteams aus Frankfurt und Dresden an.

Eines der 29 Gene, die vermutlich für das Sehvermögen eine Rolle spielen, hat besonderes Interesse beim Forschungsteam geweckt: SERPINE3. Bei Versuchen an Zebrafischen konnten sie nachweisen, dass eine Löschung dieses Gens zu Veränderungen in der Augen- und Netzhautbeschaffenheit führt. „Auch andere Studien bringen SERPINE3 in Verbindung mit genetischen Varianten, die im menschlichen Auge Merkmale beeinflussen. Daher vermuten wir, dass eine Störung des Gens beim Menschen zu Augenmerkmalen und altersbedingten Augenerkrankungen beiträgt.“

Die Veröffentlichung zählt zu den wenigen Studien, die das Genverlust-Muster einsetzen, um Funktionen von Genen vorherzusagen. „So ist es uns möglich, auch bisher unbekannten ‚Augen-Genen‘ auf die Spur zu kommen“, sagt Studienleiter Prof. Dr. Michael Hiller von LOEWE-TBG. „Dabei verbinden wir Studien der Vergleichenden Genomik mit Experimenten in Modellorganismen, um diese Gene ausfindig zu machen und ihre Funktion vorherzusagen. Bei unserer Forschung haben wir neben SERPINE3 noch einige weitere spannende Gene gefunden, die bisher nicht erforscht sind, doch vermutlich dazu beitragen, dass sich das Sehvermögen von Tierarten voneinander unterscheidet. Wir sehen hier großes Potenzial für die künftige Erforschung von Augenleiden.“