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Forschungsgruppe um Prof. Johann Heider, Mitglied des ehemaligen LOEWE-Zentrums SYNMIKRO, findet unempfindliches Bakterien-Enzym, das Wasserstoff verwertet

Wasserstoff-abhängige Produktion von Benzylalkohol aus Benzoesäure mittels des Wolfram-Enzyms Aldehyd-Oxidoreductase (AOR) und einer Benzylalkohol-Dehydrogenase (BADH).
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Wasserstoff-abhängige Produktion von Benzylalkohol aus Benzoesäure mittels des Wolfram-Enzyms Aldehyd-Oxidoreductase (AOR) und einer Benzylalkohol-Dehydrogenase (BADH).

Eine deutsch-polnische Forschungsgruppe um Prof. Dr. Johann Heider, Leiter der Arbeitsgruppe für Mikrobielle Biochemie an der Philipps-Universität Marburg und Mitglied des Marburger Forschungszentrums „SYNMIKRO“ (ehemals LOEWE-SYNMIRKRO) entdeckt eine bislang unbekannte Funktion des Enzyms Aldehyd-Oxidoreduktase (AOR). Dieses nutzt demnach elementaren Wasserstoff, um organische Säuren Alkohol zu reduzieren. Die Ergebnisse haben Bedeutung für die chemische Verwertung von Biomasse und für die Energieerzeugung der Zukunft, da Wasserstoff ein sauberer Brennstoff ist. Die Studie, für die Heiders Arbeitsgruppe mit Prof. Dr. Maicej Szalenic vom Jerzy-Haber-Institut in Krakau zusammenarbeitete, wurde im Fachblatt „ACS Catalysis“ veröffentlicht.

Die sogenannten Hydrogenase-Enzyme erfüllen unterschiedliche Funktionen: Einerseits entziehen sie dem Wasserstoff Elektronen, die sie dann für biologische Reaktionen einsetzen. Andererseits erzeugen Hydrogenasen Wasserstoff aus Protonen und geeigneten Elektronenüberträgern. „Die bisher bekannten Hydrogenasen enthalten Nickel- und Eisen-Atome und sind schwer handhabbar“, erläutert Heider. „Denn meistens sind sie sehr empfindlich gegen Sauerstoff oder Kohlenmonoxid, die in technischen Anwendungen oft zum Wasserstoff beigemischt sind.“

Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler stellten das Enzym AOR, das in Bakterien vorkommt, ins Zentrum ihrer Forschung. Sie wiesen erstmals nach, dass auch dieses Enzym in der Lage ist, Wasserstoff als Reduktionsmittel für biochemische Reaktionen zu verwenden: „Wir geben Beispiele für die Kopplung von AOR an industriell wichtige Substanzen, die in der Feinchemie und der pharmazeutischen Industrie eingesetzt werden“, sagt Heider.

Eine andere Funktion des Enzyms besteht in der Umwandlung von organischen Säuren zu Aldehyden. „Dies kann genutzt werden, um Abfallstoffe aus Holz mittels ‚grüner‘ Biochemie zu wertvollen Chemikalien zu veredeln, die zum Beispiel als Treibstoffe dienen können“, legt der Marburger Hochschullehrer dar. Aber das ist noch nicht alles, wie er weiter ausführt: AOR ist außerdem viel unempfindlicher gegen Sauerstoff und Kohlenmonoxid als die bisher bekannten Hydrogenasen.

Vollständige Pressemitteilung: Unempfindliches Bakterien-Enzym verwertet Wasserstoff - 2022 - Aktuelles - Philipps-Universität Marburg (uni-marburg.de)

Originalveröffentlichung: Agnieszka Winiarska & al.: A tungsten enzyme using hydrogen as an electron donor to reduce carboxylic acids and NAD+. ACS Catalysis 2022, DOI: https://doi.org/10.1021/acscatal.2c02147