Nachrichten
Die vom Aussterben bedrohte Europäische Sumpfschildkröte erhält Unterstützung bei Wideransiedlung in Feuchtgebieten durch das Forschungsprojekt Emys-R unter Beteiligung von LOEWE-TBG
Vom Zoo in die freie Natur – diesen Weg gingen in den vergangenen zehn Jahren insgesamt 650 Europäische Sumpfschildkröten im deutsch-französischen Grenzgebiet. Die letzte Gruppe wurde Mitte September 2022 im elsässischen Bioreservat Woerr in ihren natürlichen Lebensraum entlassen – um dort in den kommenden Jahren genau beobachtet zu werden. Ziel der Aktion ist eine Wiederansiedlung der laut Roter Liste vom Aussterben bedrohten Art in einem wiederhergestellten Feuchtgebiet. Einen neuen wissenschaftlichen Rahmen bildet seit 2022 das groß angelegte europäische Forschungsprojekt Emys-R, an dessen Leitung Dr. Kathrin Theissinger beteiligt ist, Wissenschaftlerin beim hessischen LOEWE-Zentrum für Translationale Biodiversitätsgenomik (LOEWE-TBG) und der Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung. Neben ökologischen stehen dort auch gesellschaftliche Aspekte im Blickpunkt.
In Europa ist die Europäische Sumpfschildkröte (Emys orbicularis) die einzige natürlich vorkommende Schildkrötenart im Süßwasser. Bewegungsradius und Bestandsentwicklung der freigelassenen Reptilien werden in monatlichen Studien von April bis September genau dokumentiert, bevor die Schildkröten zur Winterstarre abtauchen. Für die Bewegungsanalysen sind die Tiere mit Mikrochips ausgestattet. Auch Kotproben werden genommen, um durch genomische Analysen in den LOEWE-TBG-Laboren Rückschlüsse auf ihre Nahrung zu ziehen. Parallel dazu werden Wasserproben untersucht. Die Ergebnisse geben Informationen dazu, wie sich die Rückkehr der Reptilien in die Oberrheinauen auf die dortige Artenvielfalt auswirkt.
Die schwarze Wasserschildkröte ist fast ausgestorben: In Europa, hat sie den stärksten Rückgang aller Reptilien erlitten. Dabei spielt die gut erforschte Allesfresserin eine zentrale Rolle für das Gleichgewicht der Ökosysteme im Gewässer. Daher gilt sie auch als Schirmart für Biodiversität: Wird die Europäische Sumpfschildkröte erhalten, profitieren auch andere Arten davon.
Dies entspricht dem Ansatz des Projekts Emys-R. Das handlungsorientierte, partizipative Forschungsprojekt zielt darauf ab, die wirksamsten ökologischen Methoden herauszuarbeiten, die zur Wiederherstellung von Feuchtgebieten und zur Wiederansiedlung der Europäischen Sumpfschildkröte beitragen und damit auch die lokale biologische Vielfalt stärken.
Um die Wiederansiedlung aus den unterschiedlichen Perspektiven analysieren zu können, beteiligen sich zahlreiche weitere Partner aus natur-, geistes- und gesellschaftswissenschaftlich ausgerichteten Institutionen sowie Zoos, in denen die Schildkröten im Rahmen des europäischen Zuchtprogramms für bedrohte Arten (EEP) gezüchtet werden. Finanziert wird das von Theissinger eingeworbene Projekt Emys-R von 2022 bis 2025 mit einer Summe von einer Million Euro im Rahmen der EU-Ausschreibung „BiodivERsA – BiodivRestore“.