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Der Granatapfel als Kraftstoff für die Krebstherapie: Forschende von LOEWE-FCI identifizieren Weg zur Stärkung von tumorbekämpfenden Immunzellen

Forscherinnen und Forscher des Georg-Speyer-Haus in Frankfurt am Main identifizierten im Rahmen der Arbeit des LOEWE-Zentrums Frankfurt Cancer Institute (FCI) einen neuen Ansatz zur Therapie von Darmkrebs (kolorektales Karzinom). Im präklinischen Modell sowie in Untersuchungen an menschlichen Immunzellen konnte gezeigt werden, dass Urolithin A, ein Stoffwechselprodukt aus dem Granatapfel, die Funktion von Immunzellen in ihrem Kampf gegen Krebs nachhaltig verbessert. Tumorbekämpfende Immunzellen, sogenannte T-Zellen, werden nach einer Behandlung mit Urolithin A zu T-Gedächtnisstammzellen (T memory stem cells): Potente Immunstammzellen, die aufgrund ihrer Teilungsfähigkeit ständig das Immunsystem mit verjüngten, nicht erschöpften T-Zellen versorgt und damit das Krebswachstum durch die direkte Modulation des Immunsystems hemmt. Die Ergebnisse wurden heute in der Fachzeitschrift Immunity (Doi.org/10.1016/j.immuni.2022.09.014) veröffentlicht.

Bis heute ist die Sterblichkeit bei Darmkrebs im fortgeschrittenen Stadium hoch. Auch wenn in den letzten Jahren durch zahlreiche Forschungserkenntnisse die frühzeitige Diagnose und Therapie verbessert wurde, ist es leider immer noch so, dass nicht alle Patientinnen und Patienten auf diese neuartigen Therapieansätze in gewünschtem Maße ansprechen. Aktuelle Forschungsergebnisse zeigen, dass eine Eigenschaft von Tumorerkrankungen die Immundysfunktion darstellt: Das heißt Immunzellen, die eigentlich den Tumor bekämpfen sollen, werden durch das umliegende Gewebe des Tumors – das Tumormikromilieu – gezielt unterdrückt. Das Resultat: T-Zellen, die die natürliche Immunantwort gegen Krebs darstellen, werden in ihrer Funktion eingeschränkt und der Tumor kann unkontrolliert wachsen und sich verbreiten

Das von Prof. Florian Greten geleitete Forschungsteam ist einer möglichen Lösung des Problems nun einen bedeutsamen Schritt nähergekommen. Die Forschenden zeigten, dass Urolithin A in T-Zellen das Programm der Mitophagie einleitet, also den Abbau von Mitochondrien, die bildlich gesprochen die „Kraftwerke“ der Zelle sind. Gealterte und geschädigte Mitochondrien in den T-Zellen werden hierdurch entfernt und durch neue, funktionsfähige ausgetauscht. Dies verändert das genetische Programm der T-Zellen, die dadurch den Tumor besser bekämpfen.  

Dr. med. Dominic Denk, Arzt am Universitätsklinikum Frankfurt und Erstautor der Studie, erläutert: „Unsere Erkenntnisse sind insbesondere deshalb spannend, weil nicht die Tumorzelle, sondern das Immunsystem, die natürliche Abwehr gegen Krebs, im Vordergrund steht. […] Wir hoffen, hiermit die Therapie von Darmkrebs, aber auch anderer Krebserkrankungen nachhaltig verbessern zu können.“

Aufbauend auf den Erkenntnissen aus dem Labor planen die Wissenschaftler:innen die erfolgreiche Zusammenarbeit fortzuführen: Die Anwendung von Urolithin A soll in nächsten Schritten zur Therapie von Personen mit Darmkrebs im Rahmen von klinischen Studien untersucht werden.

Prof. Greten, Direktor des Georg-Speyer-Hauses und Sprecher des Frankfurt Cancer Institutes (FCI), hebt die Bedeutung und Notwendigkeit von Teamarbeit gerade auch in der Medizin hervor: „Diese Arbeit beweist erneut, wie erfolgreich die interdisziplinär ausgerichteten Konzepte des FCI sind. Wir freuen uns sehr, dass wir nun rasch unsere Ergebnisse in die Klinik übertragen können und sehen mit Spannung den anstehenden klinischen Studien entgegen.“