Übersicht

Nachrichten

Der genetischen Vielfalt auf der Spur – LOEWE-TBG-Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler an populationsgenomischer Studie am Braunbären beteiligt

© Gregoire Dubois

Der Braunbär zählt zu den größten an Land lebenden Raubtieren der Welt. Derzeit gibt es etwa zehn anerkannte Unterarten, die in Nordamerika, Europa, Russland und Asien verbreitet sind und sich hinsichtlich vieler Eigenschaften und ihrer Lebensweise unterscheiden. Ein internationales Forschungsteam, darunter Professor Dr. Axel Janke und Dr. Menno de Jong vom LOEWE-Zentrum für Translationale Biodiversitätsgenomik (TBG) in Frankfurt am Main, hat die erste populationsgenomische Studie am Braunbären in der Fachzeitschrift „Communications Biology“, die zu den "Nature"-Zeitschriften gehört, veröffentlicht. Damit stellen sie die erste umfassende populationsgenomische Studie am Braunbären (Ursus arctos) vor und zeigen an seinem Beispiel die Auswirkungen der letzten Eiszeit auf die heutige Vielfalt innerhalb der Art.

Mit dem Ziel, frühere Erkenntnisse zu Ähnlichkeiten und Unterschieden der verschiedenen Populationen zu überprüfen und offene Fragen zu beantworten, haben die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler die Genome von 128 Braunbären aus dem gesamten Verbreitungsgebiet verglichen. 95 davon wurden extra für diese Studie entschlüsselt. Dabei wurden auch erdgeschichtliche Entwicklungen und ihre Auswirkungen auf die genomischen Merkmale betrachtet.

„Um einen umfassenden Überblick über die Populationsstruktur und genetische Vielfalt von Braunbären zu erhalten, haben wir Bereiche der Genome mit verschiedenen Vererbungseigenschaften untersucht und verglichen, darunter X- oder Y-Chromosomen von weiblichen und männlichen Individuen. Dies ermöglicht uns neue, differenziertere Einblicke als die Analyse des gesamten Genoms als einer Einheit. Wir fanden heraus, dass die Populationsstruktur, die sich aus unseren genetischen Daten ergibt, zwar weitgehend mit der derzeitigen Einteilung der Unterarten übereinstimmt – jedoch nicht vollständig“, erklärt Dr. Menno de Jong, Erstautor der Studie und Wissenschaftler am Senckenberg Biodiversität und Klima Forschungszentrum sowie am LOEWE-Zentrum TBG.

Dabei stießen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler auch auf Erkenntnisse, die auf geografische Bedingungen der letzten Eiszeit zurückzuführen sind. Der Alaska-Halbinsel-Braunbär stammt beispielsweise vom gleichen Vorfahren wie der Kamtschatka-Bär ab. Das liegt daran, dass die russische Fernost-Halbinsel Kamtschatka und Alaska vor etwa 11.000 Jahren durch die damals trocken liegende Beringstraße als Landbrücke miteinander verbunden waren und sich so Möglichkeiten zur Vermischung boten.

„Es mutet utopisch an, dass wir diese uralten Wanderbewegungen aus den genomischen Daten herauslesen können, um zu verstehen, wie sich die letzte Eiszeit auf Arten ausgewirkt hat. Bisherige Methoden und Interpretationen müssen aufgrund der neuen Erkenntnisse überdacht werden“, führt Studienleiter Axel Janke aus, Professor für Vergleichende Genomik bei Senckenberg und an der Frankfurter Goethe-Universität sowie am hessischen LOEWE-Zentrum TBG. „Genomische Analysen von Lebewesen, wie wir sie bei LOEWE-TBG vornehmen, geben unglaublich detaillierte, neue Einblicke in die Biodiversität unseres Planeten und ihrer Entstehungsgeschichte preis. Die Genomik steht erst am Anfang, zeigt sich jedoch bereits heute als Zukunftstechnologie, um das Leben vollständig zu verstehen“, so Janke weiter.

Wichtig sind die Ergebnisse der Studie vor allen auch deshalb, da sie als Vorlage für das bessere Verständnis der genomischen Vielfalt vieler weiterer Arten dienen können.